Erste Missbrauchsklage im Bistum Trier gescheitert

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David Farago und Stefan Ackermann sägen an der "Langen Bank des Missbrauchsskandals"
Sägen an der "Langen Bank des Missbrauchsskandals"

MissBiT – Missbrauchsopfer & Betroffene im Bistum Trier zeigt sich enttäuscht über den Ausgang der ersten Klage eines Missbrauchsbetroffenen in Trier. Sie scheiterte daran, dass sich Bischof Stefan Ackermann auf die Einrede der Verjährung berufen hat.

Nach Bemühungen von anderthalb Jahren um angemessene Entschädigung für ein Opfer von sexuellem Missbrauch durch einen katholischen Priester hat der Betroffene einen negativen Bescheid erhalten, berichtet MissBiT in einer Pressemitteilung. Das sei für alle Opfer nur schwer nachzuvollziehen.

MissBiT stellt fest: "Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Koblenz und Köln gewährt auch für schwerste Missbräuche von Priestern der katholischen Kirche den Opfern keinen Rechtsschutz, wenn das jeweilige Bistum die Einrede der Verjährung erhebt und der Missbrauch länger als dreißig Jahre zurückliegt."

Zur Begründung wird vorgetragen, dass die Missbrauchsopfer spätestens nach Vollendung des 21. Lebensjahres hätten Klage erheben können. Es wird zudem darauf verwiesen, dass ein ausdrücklicher Verjährungsverzicht, für den es strenge Voraussetzungen gibt, seitens des Bistums nicht vorliege. Die Erhebung der Einrede der Verjährung sei auch nicht treuwidrig, weil die moralische Stellung der katholischen Kirche keinen Einfluss auf das Recht hat, sich auf Verjährung zu berufen. "Diese Rechtsprechung ist nicht nur für die Missbrauchsopfer unerträglich, sie ist auch rechtlich nicht zutreffend", bilanziert MissBiT.

Der Antragsteller in dem von dem Verein unterstützten Prozesskostenhilfeverfahren wurde in der Amtszeit von Bischof Bernhard Stein missbraucht. Für die Amtszeit dieses Bischofs liegen umfangreiche historische Studien von Lutz Raphael und Lena Haase von der Universität Trier vor. Aus diesen ergibt sich, dass viele beschuldigte Priester ihre Amtsautorität und spirituelle Macht benutzten, um die Kinder sexuell gefügig zu machen und nach der Tat zum Schweigen zu bringen. Die Taten wurden – so weit möglich – vertuscht. Erst nach 2010 hatten Missbrauchsopfer den Mut, die Missbrauchstaten, die an ihnen als Kinder begangen wurden, zu benennen.

"Die dargelegten Umstände wurden im Prozesskostenhilfeverfahren ausführlich vorgetragen. Das Oberlandesgericht Koblenz ist jedoch mit keinem Satz hierauf eingegangen, obwohl im Hinblick auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht und im Blick auf die Grundrechte der Betroffenen sich die Annahme eines Rechtsmissbrauchs der Einrede der Verjährung aufdrängt", schreibt die Betroffenenorganisation weiter und beruft sich dabei auf einen Aufsatz von Markus Ogorek in der Juristen Zeitung.

Hinzu komme, dass Bischof Stein die strafrechtliche Verfolgung von Missbrauchspriestern vereitelt habe. Dies zeige ebenfalls ein rechtsmissbräuchliches Handeln des Bistums.

Keine weitere rechtliche Beschwerde mehr möglich

Gegen die negativen Entscheidungen der Oberlandesgerichte Koblenz und Köln kann keine weitere rechtliche Beschwerde eingelegt werden. "Für die Missbrauchsopfer bleibt nur die Hoffnung, dass der Bundesgerichtshof in einem Klageverfahren der oberflächlichen und im Ergebnis falschen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Koblenz und Köln ein Ende bereitet", so MissBiT.

Der Verein kritisiert vor allem, dass die Rechtsprechung nicht auf die besonderen Tatumstände und Folgen von sexuellem Missbrauch im religiösen Kontext eingegangen ist. Denn die religiöse Bindung an einen priesterlichen Täter sei verantwortlich für die Tiefe der Verletzung und das ungewöhnlich lange Schweigen der Opfer. "Es wird höchste Zeit für eine höchstrichterliche Entscheidung in dieser für die Opfer schmerzlichen Frage", findet die Betroffenenorganisation.

"Wir werden uns der Verantwortung stellen" – so lasse sich Bischof Ackermann immer wieder zitieren. Mit dem Erheben der Einrede der Verjährung stehle sich der langjährige Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz aus der Verantwortung und stelle sich schützend vor seine Vorgänger. "Wohlwissend um die Verjährung lässt er sich das Vertuschen rechtlich absegnen. Das versteht Ackermann unter Aufarbeitung", bilanziert MissbiT, "getreu der Leitlinie der Deutschen Bischofskonferenz: Auf den Rechtsstaat pfeifen, wenn es um die Vermeidung von Strafverfolgung geht, ihn aber in Anspruch nehmen, wenn man sich mit der Rechtsprechung aus der Verantwortung stehlen kann."

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